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DISP - 152 - 1/2003 - www.orl.arch.ethz.ch/disp

Western European Metropolitan Regions

Die Zweckgemeinde als verfassungsrechtlicher Ansatz für Agglomerationen

Stand der Diskussion im Zürcher Verfassungsrat

Carmen Walker Späh*


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...Fortsetzung:
 

Eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft des Glatttals erfolgt auf der regionalen Ebene. Hier schliessen sich die Gemeinden zur Mitwirkung an der überkommunalen Planung zu Zweckverbänden zusammen. Soweit erforderlich, bilden die regionalen Planungsverbände eines grösseren Bereiches eine privatrechtliche Dachorganisation, insbesondere zur Koordination überkommunaler Planungsaufgaben (vgl. §12 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes PBG). Diese regionalen Planungsverbände erarbeiten die Grundlagen und die Ziele der räumlichen Entwicklung ihres Gebietes und behandeln die Vorlagen zu den regionalen Richtplänen auf Grund von Initiativen, von Anträgen ihres Vorstandes oder von Aufträgen der zuständigen Direktion (§13 PBG). Regionalplanungsverbände sind (Zwangs-) Zweckverbände im Sinne von §7 des Gemeindegesetzes.

Eine von Regierungsrat Markus Notter in Auftrag gegebene Studie über die 212 Zweckverbände im Kanton Zürich hielt solchen Zweckverbänden zwar zugute, dass sie besser als ihr Ruf sind, dennoch wurden vor allem den grösseren Zweckverbänden Demokratie- und Kompetenzmängel vorgeworfen [22]. Die Regionalplanungsverbände sind dabei die mit Abstand grössten Zweckverbände mit durchschnittlich 19 Gemeinden. Neben ihrer Grösse sowie der bei den Zweckverbänden generell auftretenden Kritik (Demokratiedefizite etc.) haben sie auch den Nachteil, dass ihr Perimeter territorial und nicht funktional ausgerichtet ist, was den Bedürfnissen der einzelnen Agglomerationsgemeinden nicht in jedem Fall gerecht wird.

4.3  ...und die gemeindeübergreifende Nutzungsplanung?

Die gemeindeübergreifende Nutzungsplanung beschränkt sich heute auf die Ausscheidung von überkommunalen Landwirtschaftszonen und Freihaltezonen (§36ff. PBG). Die wesentlich bedeutenderen Leitplanken setzt jedoch die kommunale Bau- und Zonenordnung, welche die konkrete Überbaubarkeit und Nutzweise der Grundstücke regelt (z.B. Ausscheiden von Wohnzonen, Kernzonen, Quartiererhaltungszonen, Industrie- und Gewerbezonen etc., vgl. §48 PBG). Die Planungshoheit der einen Gemeinde endet aber heute an der Gebietshoheit der anderen Gemeinden.

Eine gemeinsame Bau- und Zonenplanung - wie es mit einer «Zweckgemeinde Raumplanung» möglich wäre - ist ausgeschlossen, dies, obschon die Vorteile gemeinsamen Planes durchaus im Sinne der betroffenen Gemeinden und der Raumplanung an sich sein müssten.

Mit der verfassungsrechtlichen Möglichkeit der Zweckgemeinden könnten sich einzelne Gemeinden in einem ersten Schritt zum Zwecke einer gemeinsamen Raumplanung zusammenschliessen und damit die Anreize schaffen, eine gemeinsame Raumplanungsoptik einzunehmen.

Dies unter Bewahrung der Kompetenz auf lokaler Ebene, da die Zweckgemeinde Autonomie in der ihr zugewiesenen Aufgabenerfüllung geniesst. Gleichzeitig könnte einer schleichenden Zentralisierung entgegengewirkt werden. An den Raumplanungszweckverbänden läge es auch weiterhin, die gemeindeübergreifenden Grundzüge (Gestaltungsgrundsätze im Sinne von §18 PBG) der räumlichen Entwicklung festzulegen.

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ZWECKGEMEINDEN SIND AUFGABENGERECHT UND (DIREKT)DEMOKRATISCH
 


Fig. 3

5.  ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es eine der vornehmsten Aufgaben des Verfassungsrates sein wird, den zürcherischen Gemeinden ein vielfältiges, bedarfsgerechtes Angebot an Zusammenarbeitsformen anzubieten, damit sie die an sie gestellten Anforderungen unter grösstmöglicher Wahrung ihrer Autonomie erfüllen können.

Das Modell der Zweckgemeinden eröffnet vor allem auch für Agglomerationsgemeinden die Chance, gemeinsame Synergien mit anderen Agglomerationsgemeinden zu suchen und in einem aktiven politischen Prozess umzusetzen. Die Zweckgemeinden stellen die intensivste Form der interkommunalen Aufgabenerfüllung dar. Sie verhelfen den Gemeinden, bei Bedarf freiwillig näher zu verschmelzen - unter gleichzeitiger Wahrung ihrer lokalen Kompetenz. Die Zweckgemeinden bereichern die in Gang gesetzte Strukturdiskussion in unserem Kanton um eine neue Möglichkeit der interkommunalen Kooperation.

Im Mittelpunkt stehen dabei die Gemeinden, welche sich für die Zukunft rüsten wollen. Die Verfassungsbestimmung sollte daher so offen wie möglich sein, damit der Gesetzgeber diese Neuerung später auf Gesetzesstufe [23] zum Wohle der Gemeinden und zur Förderung der Subsidiarität konkretisieren kann.

Für weitere Informationen vgl. auch www.zweckgemeinde.ch.
 

*Carmen Walker Späh, Rechtsanwältin, Waidstrasse 11, CH-8037 Zürich, E-MAIL, www.walkerspaeh.ch
 

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Anmerkungen

[22]  Studie zu den Zweckverbänden im Kanton Zürich, Ende 2001 in Auftrag gegeben von Dr. Markus Notter, Direktion der Justiz und des Inneren des Kantons Zürich, bei Dr. Andreas Ladner, Politologe an der Universität Bern. Befragt wurden alle Mitglieder von Gemeindeexekutivbehörden, alle Gemeindeschreiber sowie alle Zweckverbände im Kanton Zürich.
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[23]  Zum Beispiel im kantonalen Personenverkehrsgesetz oder Planungs- und Baugesetz.
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[9] -> [24]  FREY, B. S. (1999): Ein neuer Föderalismus für Europa: Die Idee der FOCJ. Walter Eucken Institut, Beiträge zur Ordnungstheorie und Ordnungspolitik 151; FREY, B. S.; EICHENBERGER, R. in OATES W. E. (Ed., 1999): The New Democratic Federalism for Europe, Studies in Fiscal Federalism and State-Local Finance.
Ein darauf beruhender Vergleich mit Bewertung bestehender lokaler und regionaler Institutionen in der Schweiz findet sich in:
DE SPINDLER, J. (1998): FOCJ - ein Konzept zur Neuordnung der Zusammenarbeit öffentlichrechtlicher Gebietskörperschaften. Verlag Paul Haupt, Bern.
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