ARTIKEL,
VORTRÄGE
Aus: Der politische Raum.
Beiträge zu Politik, Wirtschaft, Kultur und
Gesellschaft - Bruno Meier (Hrsg.) - 1998, Baden -
Baden-Verlag - S. 39-51
Zweckgemeinden statt
Zweckverbände!
Effiziente und demokratische kommunale
Leistungserbringung dank FOCJ
Reiner Eichenberger
2.Teil »
In verschiedenen Schweizer Kantonen wird
intensiv über Reformen der kommunalen
Leistungserbringung diskutiert. Dabei wird
regelmässig behauptet, viele Gemeinden seien
für eine effiziente Aufgabenerfüllung zu
klein und sie arbeiteten zu wenig zusammen. Deshalb
müssten sie - notfalls durch Zwang - dazu
gebracht werden, zu fusionieren oder wenigstens
vermehrt in Zweckverbänden (oder wie sie
mancherorts heissen: Gemeindeverbänden) zu
kooperieren. Diese Rezepte sind aber zumeist
unwirksam und oft schädlich.
Das erste beruht auf einer Fehldiagnose: Selbst
kleinste Gemeinden sind nicht generell zu klein.
Sie sind nur für die Produktion einzelner
Leistungen zu klein, genau so wie manche grosse
Gemeinden eher zu gross sind. Das zweite Rezept
hingegen höhlt die Demokratie aus und zielt
bestenfalls auf Symptome.
- Notwendig ist aber eine Ursachentherapie,
die fragt, weshalb die Gemeinden zu wenig
kooperieren. Dafür gibt es drei Antworten:
Erstens das bereits angesprochene
Demokratiedefizit der heutigen
Kooperationsformen. Die Bevölkerung steht
ihnen deshalb zu Recht zurückhaltend
gegenüber.
- Zweitens sind die Anreize zu kooperieren oft
klein. Ein beträchtlicher Teil der Kosten
ineffizienter Politik kann nämlich
über den kantonalen Finanzausgleich auf
andere Gemeinden und den Kanton abgewälzt
werden.
- Und drittens sind die Anreize der
Gemeindebehörden, effizient zu
wirtschaften, eingeschränkt, weil sie
für viele Leistungen ein Monopol
besitzen.
Eine erfolgreiche Ursachentherapie muss auf die
zentrale Einsicht der Ökonomik bauen:
Wettbewerb schafft Wohlstand. Dies gilt für
die Politik genauso wie für die Wirtschaft.
Weil Politiker auch eigene, von den Interessen der
Wähler abweichende Ziele verfolgen,
müssen ihnen möglichst grosse Anreize
gegeben werden, auf die Präferenzen der
Bevölkerung einzugehen. Solche Anreize
vermittelt der politische Wettbewerb:
föderalistischer Wettbewerb zwischen
fiskalisch eigenverantwortlichen
Gebietskörperschaften,
repräsentativ-demokratischer Wettbewerb
zwischen Parteien und Politikern und
direkt-demokratischer Wettbewerb zwischen
verschiedenen Ideen und Vorschlägen. Das hier
vertretene Konzept funktionaler,
überlappender, wettbewerblicher Jurisdiktionen
- sogenannter FOCJ (von Functional, Overlapping,
and Competing Jurisdictions) - stärkt genau
diese Aspekte politischen Wettbewerbs.
Im folgenden wird zunächst dargelegt,
weshalb die Bürger in Gemeindeverbänden
kaum Einfluss besitzen. Im zweiten Abschnitt wird
das Konzept der FOCJ vorgestellt. Ihre Vorzüge
gegenüber traditionellen
Gebietskörperschaften und Kooperationsformen
werden im dritten und einige kritische
Einwände im vierten Abschnitt diskutiert.
Sodann werden die Bedingungen diskutiert, unter
denen FOCJ gedeihen. Im letzten Abschnitt werden
die Argumente zusammengefasst.
DAS DEMOKRATIEDEFIZIT DER
ZWECKVERBÄNDE
Für gemeinschaftliche kommunale
Leistungserbringung spricht zweierlei. Erstens
weist die Produktion einiger Leistungen positive
Skalenerträge (oder Grössenanteile) auf.
Zweitens bewirken verschiedene öffentliche
Leistungen positive spill-overs in andere
Gemeinden. Solche Leistungen werden in
ungenügendem Ausmass angeboten, weil
Gemeindepolitiker wenig Anreize haben, die Nutzen
der Einwohner anderer Gemeinden zu
berücksichtigen. Dank gemeinschaftlicher
Leistungserbringung kann dann nicht nur der
Produktionsumfang ausgedehnt und so
Skalenerträge genutzt, sondern auch der Kreis
der Kostenträger den Nutzniessern angepasst
werden.
Als institutionelle Rahmen interkommunaler
Zusammenarbeit dienen heute zumeist Zweck- oder
Gemeindeverbände. Diese bieten zwar allen
beteiligten Gemeinden ein Mitentscheidungsrecht.
Der Einfluss der Bevölkerung ist jedoch
praktisch auf die Verbandsgründung und
grössere Ausgabenerhöhungen
beschränkt. Im schweizerischen Normalfall
besitzen die Bürger in laufenden
Verbandsangelegenheiten keine wirkungsvollen
demokratischen Mitspracherechte. Sie können
typischerweise nur ihre Gemeindeexekutive
wählen; diese bestimmt Gemeindevertreter
für die Verbandsabgeordnetenversammlung; diese
wiederum wählt den Verbandsvorstand; dieser
schliesslich wählt einen
Geschäftsführer, der die laufenden
Geschäfte des Gemeindeverbands führt. Er
ist der eigentliche Manager des Verbands und hat -
de facto - zumeist das Sagen.
Oft wird argumentiert, dieses Verfahren sei
demokratisch, wird doch jeder Delegationsschritt
von Gremien beschlossen, die wiederum durch
Delegation legitimiert sind. Anbetrachts der
Kontrollprobleme, die solche mehrstufigen
Delegationspyramiden prägen, sollte man aber
besser auf das Wort demokratisch verzichten.
Zum einen ist es den Delegierenden in der
politischen Wirklichkeit nämlich
unmöglich, die Delegierten vollständig zu
kontrollieren. Jeder Delegierte kann zu einem
gewissen Grad von den Präferenzen der
Delegierenden abweichen. Diese Abweichungen
kumulieren über die verschiedenen
Delegationsstufen, so dass der Einfluss der
Bürger mit jedem Delegationsschritt
abnimmt.
Zum anderen schrumpfen die Anreize jedes
Gemeindeabgeordneten, den Vorstand und die
Geschäftsführung zu kontrollieren, mit
der Grösse des Verbands. Ein Abgeordneter, der
Missstände aufspürt und auf allgemeine
Effizienz und bürgerfreundliche
Dienstleistungen drängt, trägt die
zumeist beträchtlichen Kontrollkosten (etwa
den Zeiteinsatz und das Risiko, Vorstandsmitglieder
oder den Geschäftsführer zu
verärgern) selbst, wohingegen die Nutzen allen
Verbandsmitgliedern zugute kommen. Überdies
haben solche Gemeindevertreter kaum Chancen auf
Popularitätsgewinne, weil sie ihre
Anstrengungen und Erfolge der Bevölkerung nur
schwer bekannt machen können.
Da viele Personen an den Verbandsentscheidungen
beteiligt sind, können die Bürger den
Effizienzbeitrag der einzelnen Vertreter nicht
zuverlässig beurteilen. Einzig
aussergewöhnlich hohe Verbandsleistungen
zugunsten einer Gemeinde oder unüblich tiefe
Beitragspflichten einer Gemeinde können mit
einer gewissen Sicherheit den Abgeordneten dieser
Gemeinde zugerechnet werden.
Während also die Gemeindeabgeordneten kaum
Anreize haben, sich um die Effizienz des Verbandes
zu bemühen, lohnt es sich für sie,
möglichst viel für die eigene Gemeinde
herauszuschlagen. Da jedoch die Beiträge
zumeist an eine für alle Gemeinden geltende
Regel gebunden sind, bleibt den Abgeordneten
einzig, möglichst hohe Leistungen für die
eigene Gemeinde einzufordern, was die Gesamtkosten
der Zweckverbände aufbläht.
FOCJ, DIE EFFIZIENTE
ALTERNATIVE
Zu den heutigen Verbundlösungen und
Gebietskörperschaften besteht eine
Alternative: funktionale, überlappende und
wettbewerbliche Jurisdiktionen. Solche FOCJ (von
Functional, Overlapping, and Competing
Jurisdictions) zeichnen sich durch vier
Eigenschaften aus:
- Ein FOCUS (als Einzahl von FOCJ) bestimmt
sich nach der zu erfüllenden Funktion;
- FOCJ sind überlappend, da jede Funktion
eine andere Ausdehnung des entsprechenden FOCUS
erfordert; FOCJ konkurrieren um Gemeinden und
Bürger, und innerhalb von FOCJ herrscht
demokratischer Wettbewerb;
- FOCJ sind Jurisdiktionen mit Steuerhoheit.
Mit diesen Eigenschaften weisen FOCJ mehr
Ähnlichkeiten mit den in einigen Kantonen
existierenden Schulgemeinden als mit
Zweckverbänden auf;
- sie sind aber viel flexibler als
erstere.
FOCJ eignen sich für die Erbringung einer
grossen Vielfalt öffentlicher Leistungen.
Naheliegend ist, dass sie Leistungen erfüllen,
die heute durch Gemeinden und Gemeindeverbände
angeboten werden (z.B. in den Bereichen Bildung,
Polizei, Kultur oder öffentlicher Verkehr). Es
ist aber gut denkbar, dass sie auch Funktionen
übernehmen, die heute von den Kantonen (z.B.
Universitäts- und Gesundheitswesen) oder vom
Bund (z.B. Fernverkehr, Sozialwesen) oder gar der
EU (z.B. Agrarpolitik) bereitgestellt werden.
Das Konzept der FOCJ gründet sich auf der
Modernen Politischen Ökonomie, der
Konstitutionellen Ökonomie und verschiedenen
Elementen der ökonomischen
Föderalismustheorie. Im Gegensatz zu vielen
politischen Reformvorschlägen ist es nicht
ergebnis-, sondern prozessorientiert. Deshalb darf
nicht detailliert vorgeschrieben werden, welche
Funktionen FOCJ erbringen sollten, wie viele FOCJ
es geben sollte oder wo genau ihre Grenzen
verlaufen sollten.
Entscheidend ist vielmehr, dass die Bürger
das Recht erhalten, FOCJ zu gründen und selbst
über ihre Leistungen, Entscheidungsmechanismen
und Steuern zu entscheiden. Dieses Recht
könnte - in Anlehnung an die bekannten vier
wirtschaftlichen Freiheiten - auch als die
fünfte, politische Freiheit bezeichnet werden.
Sie garantiert, dass FOCJ ein
anpassungsfähiges föderales Netz von
Regierungseinheiten bilden, das stets eng an die
Bürgerpräferenzen gebunden bleibt und
sich der Geographie der Probleme anpasst. Im
folgenden werden die vier Charakteristika von FOCJ
ausführlicher diskutiert.
FOCJ sind funktional
Gebietskörperschaften erbringen ihre
Leistungen um so effizienter, je genauer sich
Leistungsempfänger und Kostenträger
entsprechen, je vollständiger sie positive
Skalenerträge ausnützen können und
je gezielter sie ihre Leistungen an die Nachfrage
der Bürger anzupassen vermögen. Die
verschiedenen kommunalen Leistungen (z. B. von der
Einwohnerkontrolle über Erziehungs- zu
Kulturangeboten) weisen aber ganz unterschiedliche
Wirkungskreise und unterschiedliche
Skalenerträge auf. Überdies variiert die
Nachfrage räumlich beträchtlich, weil sie
von verschiedenen Faktoren abhängt, die von
Ort zu Ort sehr unterschiedlich sein können
(zum Beispiel dem Einkommen).
Folglich ist es effizienter, wenn nicht alle
Leistungen durch die gleiche
Gebietskörperschaft erbracht werden, sondern
von geographisch flexiblen, funktionalen
Jurisdiktionen.
FOCJ sind
überlappend
Zum einen überlappen sich FOCJ, die
unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Deshalb
gehören die Bürger nicht nur mehreren
Jurisdiktionen gleichzeitig, sondern ganz
unterschiedlichen Bündeln von Jurisdiktionen
an. FOCJ müssen aber nicht zwingenderweise
Gebietskörperschaften sein, die in einem
zusammenhängenden Gebiet ein Leistungsmonopol
besitzen. Oft können mehrere FOCJ, die die
gleiche Funktion erfüllen, ihre Leistungen im
gleichen geographischen Gebiet anbieten.
Diese Art der Überlappung erweitert die
Wahlmöglichkeiten der Bürger und
stärkt den Wettbewerb zwischen den Anbietern
staatlicher Leistungen zusätzlich. Die beiden
Arten von Überlappungen ergänzen sich
gegenseitig. Da mit der zweiten, weitergehenden Art
unter bestimmten Bedingungen
Trittbrettfahrerprobleme auftreten können
(siehe auch unten), kann sie auf kantonaler und
eidgenössischer Ebene für gewisse
Funktionen eingeschränkt werden.
FOCJ sind
wettbewerblich
Die Regierung eines FOCUS wird durch zwei
Mechanismen gezwungen, auf die Nachfrage der
Mitglieder einzugehen:
- Die Abwanderungs- und
Austrittsmöglichkeiten der Bürger und
Gemeinden bewirken marktähnlichen
Wettbewerb,
- und ihr Stimm- und Wahlrecht schafft
demokratischen Wettbewerb.
In FOCJ ist Austritt nicht auf geographische
Abwanderung beschränkt und deshalb besonders
wirksam. Gemeinden und oft Gemeindeteile oder gar
einzelne Bürger können aus einem FOCUS
aus- und in einen anderen eintreten, ohne den Ort
zu wechseln. Während die Kantone heute
Gemeindeneugründungen und
-Gebietsveränderungen restriktiv regeln,
verlangt das hier vorgeschlagene Konzept, dass
Austritt möglichst unbehindert bleibt, weil
dies den Wettbewerb zwischen den Regierungen
stärkt. Die genauen Austrittsbedingungen kann
ein Vertrag zwischen den Mitgliedern eines FOCUS,
eine eigentliche Verfassung, regeln.
Abwanderung alleine schafft aber noch keine
Effizienz. Solange die Individuen keine gut
ausgebauten politischen Rechte besitzen,
können die Regierungen leicht von den
Präferenzen der Bürger abweichen. FOCJ
verfügen deshalb über wirkungsvolle
demokratische Institutionen. Die Bürger
können die Exekutive und Legislative der
jeweiligen FOCJ wählen, und sie verfügen
über umfassende direktdemokratische
Instrumente: Sie müssen Abstimmungen über
Regierungsentscheidungen (Referendumsrecht) und
über eigene Vorschläge (Initiativrecht)
verlangen können. Wie die demokratischen
Institutionen eines FOCUS im Detail auszugestalten
sind, muss jedoch nicht von oben vorgeschrieben
werden. Diese können von den FOCJ Bürgern
selbst entwickelt werden.
FOCJ sind
Jurisdiktionen
Ein FOCUS ist eine Körperschaft mit
Zwangsgewalt und Steuerhoheit. Die
FOCUS-Mitgliedschaft kann auf zwei unterschiedliche
Weisen definiert sein:
- Mitglieder können die Gemeinden (oder
auch Gemeindeteile) sein. Dann wird ein
Gemeindeeinwohner automatisch Bürger
derjenigen FOCJ, in denen seine Gemeinde
Mitglied ist, und er kann nur aus einem FOCUS
austreten, indem er umzieht.
- Im zweiten Fall kann ein einzelner
Bürger frei entscheiden, ob er in einem
bestimmten FOCUS Mitglied sein will.
Diese starke Form der individuellen
Wahlmöglichkeiten kann staatliche
Umverteilungsmassnahmen unterhöhlen. Falls
erwünscht, kann Umverteilung und auch eine
gewisse Mindestversorgung mit öffentlichen
Leistungen garantiert werden, indem auf einer
höheren politischen Ebene die Mitgliedschaft
in einem FOCUS, der die betreffende Leistung
anbietet, obligatorisch erklärt und
Leistungsstandards vorgeschrieben oder
entsprechende Anreize gegeben werden. So
könnte den Bürgern freigestellt werden,
welchem Schul-FOCUS sie beitreten. Damit auch
Personen ohne schulpflichtige Kinder Schulsteuern
bezahlen, kann die Mitgliedschaft in einem
Schul-FOCUS obligatorisch erklärt werden.
Damit dann keine Schul-FOCJ entstehen, die weder
Leistungen anbieten noch Steuern erheben (also ganz
auf kinderlose Bürger ausgerichtet sind),
können gewisse Mindeststandards vorgeschrieben
werden.
FOCJ sind nicht
Zweckverbände, sondern besonders flexible
Zweckgemeinden
Die bisherige Diskussion macht deutlich, wie
gross die Unterschiede zwischen FOCJ und Zweck- und
Gemeindeverbänden sind. Während letztere
zwar über die Eigenschaften
Funktionalität und Überlappung
verfügen, unterscheiden sie sich von FOCJ
hinsichtlich der demokratischen Kontrollmechanismen
und der Steuerhoheit vollständig. So geben in
FOCJ die direkt- und
repräsentativ-demokratischen Institutionen den
Bürgern unvergleichlich viel mehr Einfluss als
die oben beschriebenen mehrstufigen
Delegationsmechanismen in Zweckverbänden.
Zugleich finanzieren sich FOCJ durch eigene
Steuermittel, und ihrer fiskalischen
Eigenverantwortlichkeit kommt
grösstmögliches Gewicht zu. Dagegen ist
für Zweckverbände charakteristisch, dass
sie indirekt über die Gemeinden finanziert
werden und die Kosten für die Bürger
undurchsichtig sind, was die
Vergleichsmöglichkeiten und damit den
politischen Wettbewerb stark einschränkt.
Die den FOCJ eigenen, stark ausgeprägten
demokratischen Kontrollmechanismen und die
Steuerhoheit machen die gemeinschaftliche
Leistungserbringung für die Bürger erst
richtig attraktiv. Während Zweckverbände
wegen ihrem Demokratiedefizit bei den Bürgern
oft auf Widerstand stossen, können mit
FOCJ-Leistungen gemeinde-, kantons- und sogar
staatsgrenzenüberschreitend erbracht werden,
ohne dass auf demokratische Kontrolle verzichtet
werden muss. FOCJ werden also in vielen Bereichen
die staatliche Integration und Kooperation
vorantreiben. Dank ihren vorteilhaften
Eigenschaften kann die funktionale Ausrichtung und
die geographische Flexibilität, die ja
eigentlich auch eine Stärke der
Zweckverbände wäre, erst richtig genutzt
werden. Im folgenden Abschnitt werden die Vorteile
von FOCJ gegenüber traditionellen staatlichen
Organisationsformen diskutiert.
VORZÜGE VON FOCJ
Flexibilität und Effizienz
Die Stärkung der demokratischen Instrumente
und der Austrittsoption hilft den Bürgern,
ihre Präferenzen auszudrücken und die
Regierung wirkungsvoll zu kontrollieren. Die
Konzentration eines FOCUS auf eine oder wenige
Leistungen macht es leicht, seine Effizienz zu
beurteilen und seine Leistungen mit anderen
Körperschaften zu vergleichen. FOCJ
erleichtern es sodann den Regierungen, auf die
Präferenzen der Bürger einzugehen. Dank
ihrer räumlichen Flexibilität können
FOCJ positive Skalenerträge ausnützen und
spill-overs minimieren und somit öffentliche
Leistungen besonders kostengünstig anbieten.
Schliesslich bleibt zu betonen, dass sich der
Wettbewerbsdruck durch FOCJ auch positiv auf die
Effizienz der traditionellen
Gebietskörperschaften auswirken wird.
Privatisierung wird
gefördert
Die Steuerautonomie der FOCJ vermittelt starke
Anreize, die Mittel sparsam einzusetzen. FOCJ
werden sich deshalb nicht auf die Produktion von
Leistungen konzentrieren, sondern auf ihre
Bereitstellung. Wenn es sich als effizienter
erweist, werden sie die Leistungen vom
günstigsten Anbieter einkaufen (outsourcing).
Insofern helfen FOCJ, den öffentlichen Sektor
zurückzudrängen. Sie unterscheiden sich
jedoch vorteilhaft von blosser Privatisierung. In
FOCJ ist Privatisierung nachhaltig, weil die
Anreize der politischen Entscheidungsträger
geändert werden. Nach der üblichen Art
der Privatisierung hingegen droht stets eine
schleichende Verstaatlichung, weil die politischen
Entscheidungsträger weiterhin die Kontrolle
über die betreffenden Leistungen
anstreben.
Öffnung des Marktes
für Politik
Während in den heutigen
Vielzweckgebietskörperschaften vor allem
Generalisten erfolgreiche Politiker sind, erhalten
in FOCJ Fachspezialisten für die betreffenden
FOCJ-Funktionen eine gute Chance. Weil zudem der
engere Aufgabenkreis von FOCJ eine geringere
zeitliche Belastung der FOCJ-Politiker bewirkt,
wird die Übernahme politischer Ämter
für mehr Bürger attraktiv. Die
funktionale Fokussierung hilft auch
Einthemengruppierungen, sich in den politischen
Prozess einzubringen. Sie müssen dann nicht
mehr versuchen, zu allen Fragen Stellung zu
beziehen, sondern können sich auf die ihnen
wirklich wichtigen Funktionen konzentrieren.
FOCJ funktionieren nicht nur in der Theorie,
sondern auch in der Praxis. Das belegen zum einen
die mit FOCJ verwandten Schulgemeinden, wie sie zum
Beispiel im Kanton Zürich existieren. Eine
immer wichtigere Rolle spielen funktionale
Körperschaften auch in den USA in Form der
special districts. Diese erfüllen die
unterschiedlichsten Funktionen (zum Beispiel in den
Bereichen Erziehung, Umweltschutz, Transport und
Polizei) effizient, wie statistische Analysen
zeigen. Insbesondere wurde nachgewiesen, dass
special districts um so effizienter sind, je
stärker ausgebaut ihre demokratischen
Institutionen sind, das heisst, je stärker sie
FOCJ und je weniger sie Zweckverbänden
ähnlich sind.
Fortsetzung...
2.Teil »
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